Die Stadt der Salzsieder: 1 Tag in Schwäbisch Hall
Zum zweiten Mal in Schwäbisch Hall, diesem mittelalterlichen Kleinod und einem der schönsten im Ländle! Die Stadt der Salzsieder: 1 Tag in Schwäbisch Hall mit Informationen und Tipps.
Nach dem ersten, nur einige Stunden dauernden, Kurzbesuch in Schwäbisch Hall vor einem Jahr war ich jetzt neugierig, welche weiteren Eindrücke mir ein Trip mit Übernachtung wohl bescheren würde.
Ihre Lage im Hohenloher Land
Schwäbisch Hall liegt im Hohenloher Land im nordöstlichen Zipfel von Baden-Württemberg.
Unter Hohenlohe wird heute die Region rings um die Flüsse Jagst, Kocher und Tauber verstanden, die sich zusammensetzt aus dem Hohenlohekreis, dem östlich daran anschließenden Landkreis Schwäbisch Hall sowie dem südlichen Teil des Main-Tauber-Kreises.
Fachwerkhäuser und mittelalterliche Städte findet man hier reichlich, sie sind typisch für die Gegend. An erster Stelle zu nennen die ehemals Freie Reichsstadt Schwäbisch Hall mit ihren verträumten Gassen, der großen Freitreppe und einigen hochinteressanten Museen.
Jeden Mittwoch und Samstag ist Markttag. Im Sommer regieren die weltbekannten Festspiele. Eine eindrucksvollere Kulisse für Schauspiel und Musical ist kaum denkbar.
Schwäbische Perle Hall
Am Ufer des Flüsschens Kocher liegt sie, die alte Salzsiederstadt Schwäbisch Hall, früher nur Hall genannt. Dieser Name steht für die uralte Tradition der Salzgewinnung und findet sich ja auch in so manch anderem Städtenamen, wie z. B. Bad Reichenhall.
Hier in Schwäbisch Hall gibt es Mittelalter pur mit einer Vielzahl von Treppen, Holzbrücken und verwinkelten Gassen, aber auch spektakuläre neue Bauten, die das Flair der Stadt eher noch unterstreichen. Tolles Altes und cooles Neues ergänzen sich auf´s Beste.
Und dann der Marktplatz – Herz und Stolz der Stadt – eine Altstadt wie aus dem Bilderbuch und eine der schönsten in Süddeutschland. Und genau hier liegt unsere Bleibe für eine Nacht, Hotel Der Adelshof.
Das Anwesen gehörte im 16. Jahrhundert der reichen Familie Büschler. Hier übernachtete Kaiser Karl V., als er als oberster Dienstherr seiner Reichsstadt Hall einen Besuch abstattete. Ein moderner Anbau aus den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts war ein damals wohl gelungener Versuch, sich mit moderner Bauweise, hier ist es Beton, einem Baudenkmal anzupassen. Na ja, heute wirkt das eben wie aus den 70ern.
Mir gefallen die heute genutzten Möglichkeiten aus Glas aber viel besser, die auch in Schwäbisch Hall zu finden sind. Aber auf jeden Fall hat uns der Aufenthalt hier gefallen, vor allem die zentrale Lage am Marktplatz ist genial für einen Aufenthalt.
Ein bisschen Geschichte: Die Salzsiederstadt Schwäbisch Hall
Das Städtchen ist mit rund 40.000 Einwohnern die größte Stadt der Region. 1156 erstmals urkundlich erwähnt, wurde sie 1280 zur freien Reichsstadt im Heiligen Römischen Reich. Diesen Status behielt Schwäbisch Hall bis 1802.
Größter Schatz: das Salz
Schon die Kelten entdeckten im 5. Jahrhundert v. Chr. den größten Schatz Schwäbisch Halls: das Salz. Bis ins 19. Jahrhundert war die Produktion von Salz die wirtschaftliche Grundlage der Stadt und bis heute sprudelt die Salzquelle unter dem Haalplatz. Ihre wirtschaftliche Bedeutung hat die Quelle allerdings schon lange verloren. Die Saline wurde 1924 stillgelegt, die Sole wird nur noch für das Solebad verwendet.
Im sogenannten Haalamt wurden über Jahrhunderte die Angelegenheiten der Salzsieder bestimmt. Das Recht, aus der Sole der Haalquelle Salz zu sieden, stand nur den Siedeberechtigten zu. Die Sieder organisierten sich selbst, als Verwaltungssitz unterhielten sie das Haalamt, das nach dem Stadtbrand 1728 erbaut wurde.
Stadtentwicklung
Schwäbisch Hall als Stadt entwickelte sich im 12. Jahrhundert. Damals wurde die Michaelskirche, die heute den Marktplatz überragt und zu der die riesige Treppe hinauf führt, erbaut und geweiht. Es wurden eigene Münzen – die Heller – geprägt und reger Handel betrieben. Bis ins 16. Jahrhundert vergrößerte sich die Stadt mit zunehmendem Wohlstand immer weiter.
Neben dem Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) waren zwei verheerende Stadtbrände bedeutsam für Schwäbisch Hall. 1680 brannte zuerst die Gelbinger Vorstadt ab, 1728 ein Großteil der Kernstadt.
Der Wiederaufbau der Stadt im barocken Stil der Zeit ist heute beispielsweise sichtbar im 1735 eingeweihten Rathaus auf dem Marktplatz.
Zwei Festtage für das Salz
Das prägende Merkmal der Stadt ist aber weiterhin das Salz, dafür gibt es zwei besondere Festtage:
Salztag im Oktober
Wenn du dir die Tradition der Salzsieder einmal anschauen möchtest, solltest du im Oktober kommen. Am jährlichen Salztag im Oktober können Besucher bei Schauvorführungen sehen, wie mit Feuer und Rauch das weiße Gold des Mittelalters einst hergestellt wurde. Durch den Salzhandel wurde Schwäbisch Hall, wie so viele andere Salz-Städte auch, wohlhabend, die prachtvollen Bauten und architektonischen Besonderheiten zeigen das deutlich.
Salzsiederfest – das Kuchen- und Brunnenfest
Das Salzsiederfest gibt es schon seit Jahrhunderten. Seit dem 14. Jahrhundert wird es in Schwäbisch Hall gefeiert – früher verbunden mit der Reinigung der Salzquelle, die für den Wohlstand der Stadt sorgte. Mit dem alljährlichen Fest sollte die schwere Arbeit der Salzsieder belohnt und anerkannt werden.
Heute ist es jedes Jahr im Frühjahr ein beliebtes Stadtfest mit viel Brauchtum und Konzerten, Fackeln und Fahnen, Buden und Vergügungspark auf dem Haalplatz. Dieser ist ansonsten inzwischen ein Parkplatz.
Nächster Termin des Salzsiederfestes: vom 26. bis 29. Mai 2023
Einen aktuellen Überblick über Feste usw. findest du hier.
Der Marktplatz – Herz der Stadt
Hier schlägt das Herz der Stadt. Wie in einer Theaterkulisse ist der Marktplatz eingerahmt von der Kirche St. Michael mit der imposanten Freitreppe, dem barocken Rathaus, dem Marktbrunnen und wunderschönen Fachwerk-, Adels- und Bürgerhäusern. Das ist schon einzigartig und ganz besonders!
Am Abend haben wir dort auch gegessen: und was? Natürlich Schwäbische Maultaschen. Sehr lecker!
Die Große Treppe
Die Große Treppe vor St. Michael: 54 Stufen, eine Höhe von acht Metern und eine Breite von bis zu 48 Metern – wohl eine der außergewöhnlichsten Bühnen der Welt. Seit 94 Jahren wird hier Theater gespielt, mit jährlich über 50.000 Besuchern auf dem historischen Haller Marktplatz. Die großen Klassiker der Weltliteratur kommen ebenso zur Aufführung wie spektakuläre Musicals.
Am Tag unseres Besuches gab es leider keine Aufführung, aber die Kulissen lagen auf der Treppe zum Einsatz für den Jedermann bereit. Hochachtung für die Schauspieler, die auf jeden Schritt achten müssen, um nicht abzustürzen. Hier ein Bild von der letztjährigen Aufführung.
Erbaut wurde die Treppe zwischen 1507 und 1510. Sie war notwendig geworden, da sie die Michaelskirche mit ihrer Hanglage stützen musste. So entstand die Große Treppe und ersetzte einen Pestfriedhof, der bis dahin vor der Kirche lag.
Die Kirche St. Michael – nicht verpassen
Verpasse es nicht, zur St. Michaelskirche hinaufzusteigen. Sie zählt zum Europäischen Kulturerbe, wurde 1156 in der Zeit der Staufer als romanische Basilika geweiht und im 15. Jahrhundert bis auf den Westturm mit Vorhalle abgerissen, damit das Langhaus und der spätgotische Chor entstehen konnten. Von der Vorhalle aus wacht die Skulptur des Erzengel Gabriel aus dem 13. Jahrhundert noch heute als „Hüter der Gerechtigkeit“ über den Marktplatz und die Stadt.
Gegen eine Spende kannst du auch den Kirchturm hochsteigen, was ich mir diesmal erspart habe. Von dort muss der Blick aber grandios sein.
Gegenüber: das Rathaus
Oben von der Treppe hast du einen genialen Blick auf den Marktplatz mit seinen faszinierenden Bauten. Genau gegenüber steht das Rathaus. Auf den Ruinen einer Klosterkirche ließ sich der Magistrat der reichen Salzstadt nach dem Stadtbrand 1728 ein repräsentatives Rathaus im barocken Geschmack der Zeit aufbauen. Am Ende des Zweiten Weltkriegs ausgebrannt, wurde es bis 1955 wieder originalgetreu aufgebaut.
Sogar während der Corona-Zeit wurde gespielt. Für die Festspielabende unter Corona-Bedingungen wurden die Stuhlreihen mit Taschen markiert. Markierte Plätze blieben frei. Man kann das auf dem Bild ganz gut erkennen.
Der Marktbrunnen
Der Brunnen mit seinen drei Wasserspeiern, den drei Heiligen Michael, Georg und Simson, entstand zusammen mit dem Pranger im Jahr 1509. Die Figuren kämpfen gegen die Dämonen Löwe, Drache und Lindwurm, hoffentlich erfolgreich. Am Pranger oberhalb des Brunnens wurden früher wegen kleinerer Vergehen Verurteilte öffentlich ausgestellt. Die Armen, wenn ich mir das vorstelle …
Die Löwen-Apotheke
Ein weiteres eindrucksvolles spätmittelalterliches Gebäude am Marktplatz ist die Löwen-Apotheke. Herzstück ist die ehemalige Werkstatt, in der einst Medikamente gemischt wurden. Die sogenannte Materialkammer stammt aus dem späten Barock um 1730 bis 1740 und ist mit bemalten Schubladen, einer Kassettendecke und einem großen Glasschrank sehr gut erhalten.
Durch die Altstadtgassen
Direkt neben der Löwen-Apotheke geht es hinein in die Gassenwelt von Schwäbisch Hall. Überall finden sich kleine Bistros und Cafés oder Restaurants. Im Sommer hat diese Stadt mit ihren vielen Außenterrassen und kleinen Plätzen ein fast südländisches Flair.
Tipp: Bewege dich nicht ausschließlich in den Gassen. Entlang der Altstadt fließt der Kocher, und vom anderen Flussufer aus hast du die schönsten Ausblicke auf die Altstadt.
Aber jetzt erstmal die Gassen:
Herrngassenviertel
Neubau
Der mächtige Bau wird hier Neubau genannt, obwohl er schon 500 Jahre an der höchsten Stelle der Altstadt steht. Er war früher Zeughaus und Getreidespeicher. Innen hat er heute einen modernen Saal für Theateraufführungen, Konzerte, Empfänge und Tagungen. Von hier oben hat man einen herrlichen Blick auf die Katharinenvorstadt.
Die Stadtbibliothek
Beim Bummeln durch die Stadt, am Milchmarkt, entdeckst du dann ein sehr modernes und auffälliges Gebäude, das Glashaus. Es ersetzte 1995 einen Nachkriegsbau. Der Architekt verwirklichte die Idee der Haller von ihrer Stadt, notwendig werdende Neubauten in der Altstadt im zeitgemäßen Stil zu errichten: „Das gute Alte bewahren – qualitätvoll Neues hinzufügen“.
Hällisch-Fränkisches Museum
Dieses Museum für Stadtgeschichte liegt mitten in der Altstadt und erstreckt sich über sieben historische Gebäude inklusive des Keckenturms. Du erhältst hier einen ziemlich tiefen Einblick in die Geschichte der Stadt und der Region. Auch die Liste der Publikationen ist spannend zu lesen und den ein oder anderen Artikel werde ich mir noch mal ansehen.
Der Eintritt ins Museum ist frei, aber eine Spende erwünscht und, wie ich finde, verdient.
Auch hier findet sich eine faszinierende Kombination aus Alt und Neu, vor allem die Verbindungen zwischen den Gebäuden sind toll, modern und transparent gestaltet.
Katharinenvorstadt
Weiter zieht es mich wie immer Richtung Wasser, in diesem Fall in Richtung Henkersbrücke und Katharinenvorstadt am südlichen Kocherufer. Die Vorstadt entstand im 14. Jahrhundert. Hier lebten und arbeiteten vor allem die Handwerker der Stadt.
Von der Henkersbrücke hast du einen großartigen Blick auf die Fachwerkhäuser, die den Kocher säumen und zu dieser besonderen Mischung aus Alt und Neu, aus Tradition und Moderne, führen.
Zu dieser Mischung trägt natürlich ganz besonders die Kunsthalle Würth bei, die ich schon bei meinem ersten Besuch in Schwäbisch Hall staunend entdeckt habe. Allein schon der Ausblick vom Vorplatz lohnt den Besuch, aber du solltest die Kunsthalle Würth mit ihren wechselnden Ausstellungen wirklich nicht verpassen. Und auch hier ist der Eintritt frei.
In der Nähe des Kochers waren seit Jahrhunderten Gerber ansässig, die Tierhäute zu Leder verarbeiteten. Dafür waren sie auf fließendes Wasser angewiesen. Dieses Fachwerkhaus wurde in den 1970er Jahren renoviert und dafür mit einem Denkmalschutzpreis ausgezeichnet.
Das war der Startschuss zu weiteren Sanierungen der alten Fachwerkhäuser in Schwäbisch Hall, die davor eher für „altes Glump“ gehalten wurden, anstatt als „Schatzkästchen“ angesehen zu werden.
Ein Extra-Tipp
Du willst die Altstadt auf eigene Faust erkunden? Dann kannst du dir bei der Tourist Information, Hafenmarkt 3, den Prospekt Altstadt Rundgang besorgen oder dir die App „Xhibition“ downloaden.
In der Tourist-Information gibt es für 50 Cent den praktischen Flyer Altstadt Rundgang, mit dem du Schwäbisch Hall gemütlich zu Fuß auf eigene Faust entdecken kannst. Darin findest du alle Sehenswürdigkeiten mit geschichtlichem Hintergrund ausführlich beschrieben.
Du kannst dich an die Reihenfolge halten oder deine eigene finden, egal. Die Stadt ist nicht so groß, dass du dich verlaufen könntest.
Es gibt auch mehrmals pro Woche geführte Touren. Infos dazu und Anmeldungen bei der Tourist Info.
Fazit
Ein Aufenthalt in Schwäbisch Hall reiht sich wunderbar ein in Reiseziele in Deutschland, die Heimat ist wieder „In„. Dieses Städtchen kann ich dir nur empfehlen, für einen kurzen Ausflug oder auch einige Übernachtungen.
Schwäbisch Hall hat zweifellos eine der schönsten Altstädte von Deutschland. Es gibt auf jeden Fall genug zu sehen, und die Umgebung habe ich dabei noch gar nicht erforscht. Da liegen sicherlich weitere Schätze am Wegesrand.
Kennst du auch solche Perlen, die du empfehlen möchtest? Ich bin für jeden Tipp dankbar.
2 Comments
Michael Arnold
Hallo Karen, ein informativer Reisebericht über eine außergewöhnlich interessante Stadt mit vielen schönen Bildern. Was ich lese bestätigt meine Eindrücke aus diesem „Deutschlandreisejahr“ : es gibt so viel zu sehen bei uns, fast vor der Haustür, na ja, a bisserl fahren muss man schon, aber man kommt reich mit neuen, unerwarteten Eindrücken, Erfahrungen und Begegnungen zurück. Futter für die Seele, ohne Kilometer gefressen zu haben. Hej då Michael
Karen
Du sprichst mir aus der Seele, Michael!
Du könntest bei mir sicher einige Beiträge und gute Tipps abladen. Wie wär´s?
Bis bald, Karen